Am 9. Februar 2010 hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe die Hartz-IV-Regelsätze für verfassungswidrig erklärt. Sowohl die Regelleistungen für Erwachsene nach dem SGB II, sowie das Sozialgeld für Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres, verstoßen gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nach Artikel 1 des Grundgesetzes, so die Richter. Allerdings gelten die Regelungen bis Ende des Jahres weiter. Bis dahin soll der Gesetzgeber eine neue Berechnungsgrundlage erarbeitet haben. Die Richter ließen allerdings offen, ob das Arbeitslosengeld II zwangsläufig erhöht werden müsse. Das Freiburger Bündnis „Wir zahlen nicht für eure Krise – für eine solidarische Gesellschaft!“, an dem wir uns beteiligen, hat dazu eine Presseerklärung veröffentlicht, die wir im Folgenden dokumentieren. Unsere Position zur Krise findet ihr hier und hier. Klasse gegen Klasse!
Erhöhung von Löhnen und Arbeitslosengeld II: bestes Konjunkturprogramm!
Auf seiner Sitzung am 19. Februar 2010 diskutierte das Freiburger Bündnis „Wir zahlen nicht für eure Krise“ unter anderem das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Arbeitslosengeld II (Hartz IV).
Die Hartz-Gesetze haben nicht nur die Bezieher von Arbeitslosengeld an den Rand der Gesellschaft geschoben, sondern waren auch die Grundlage zur Ausweitung des Niedriglohnbereiches in Deutschland.
Das Bündnis hebt positiv hervor, dass mit dem Urteil nunmehr das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums unter ausdrücklichem Bezug auf die beiden unabänderlichen Artikel 1 (Die Würde des Menschen ist unantastbar) und Artikel 20 (Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat) des Grundgesetzes bestätigt wurde.
Jeder Mensch in der Bundesrepublik, nicht nur Staatsbürger, hat das Recht auf Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben.
Eine schallende Ohrfeige für den Gesetzgeber ist die Tatsache, dass die im Sozialgesetzbuch vorgenommene Festsetzung der Regelleistung verfassungswidrig ist, weil dadurch nicht nur dieses Grundrecht nicht gewährleistet ist, sondern die Beträge darüber hinaus auf zweifelhafte Weise zustande gekommen sind.
Das Urteil fordert eine transparente Ermittlung des Bedarfs sowohl für Erwachsene als auch für Kinder ein. Der Mindestanspruch ist unabdingbar, die bisherige Praxis der Verringerung der Zahlung als Sanktion bei Fehlverhalten weisen wir als gesetzwidrig zurück.
Leider gibt das Urteil keine Hinweise darauf, was die Richter unter einem menschenwürdigen Leben verstehen. In der Debatte darüber müssen unbedingt Gewerkschaften, Arbeitslose und Sozialverbände die Meinungshoheit erringen. Selbst wenn Gerichtsurteile im Einzelfall positive Wirkungen haben, letztlich entscheidend ist die politische Auseinandersetzung.
Das Bündnis bekräftigt, dass die Anhebung der Regelleistungen nicht nur im Interesse der Alg II Bezieher liegt, sondern genauso auch im Interesse der Beschäftigten. Die Erfahrung hat gezeigt, dass niedrige Zahlungen für Arbeitslose mit niedrigen Löhnen korrespondieren. Bereits heute hat die Bundesrepublik den größten Niedriglohnsektor innerhalb der alten EU, mit wachsender Tendenz. Nötig ist die Anhebung des Mindestlohnes auf mindestens 8,50.- Euro/Stunde und dessen Ausweitung auf alle Branchen. In einem so reichen Land wie der Bundesrepublik sollten 10 Euro/Stunde und die Anhebung des Alg II Regelhöchstsatzes auf 500 Euro bald folgen. Gerade in der Krise ist die Erhöhung der Massenkaufkraft mit Abstand das wirksamste Konjunkturprogramm.
Die derzeitigen Unterstützer des Freiburger Bündnis „Wir zahlen nicht für eure Krise – für eine solidarische Gesellschaft!“ sind:
ver.di Ortsverein Freiburg; DGB Südbaden-Hochrhein; DGB-Hochschulgruppe; DGB Ortsverein Freiburg; Eva Roth-Bleckwehl, Referentin für Arbeitnehmerseelsorge/KAB Region Breisgau-Schwarzwald-Baar; Linke Liste Solidarische Stadt; DIE LINKE, Kreisverband Freiburg; DIE LINKE, Kreisverband Breisgau/Hochschwarzwald; Heribert Marquardt Tuttlingen (ver.di); Heidrun Maitreau; Hagen Battran (GEW); Runder Tisch zu den Auswirkungen der Hartz-Gesetze in Freiburg; Die Linke.SDS Freiburg und Linksjugend Freiburg; Dirk Spöri, DIE LINKE Landesvorstand Baden-Württemberg; DKP Freiburg; SDAJ Freiburg; BildungsstreikBündnis; attac Freiburg; Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt (KDA) Südbaden; Bernhard Schaaf, ver.di; Ulrike Schubert Stadträtin Unabhängige Listen / Linke Liste Solidarische Stadt; GEW Freiburg; Die junge GEW , Freiburg; ver.di-Jugend, Bezirk Südbaden; Antifaschistische Linke Freiburg (ALFR)