344348Im Folgenden möchten wir unsere Reflexion und Auswertung des 1. Mai 2013 in Freiburg veröffentlichen und damit unsere Mobilisierung 2014 starten.

Wir leben in bewegungsarmen Zeiten. Die Schwäche der Linken ist seit Jahren offensichtlich. Eine starke, kontinuierlich arbeitende antikapitalistische Bewegung, die in der Lage wäre, sich gesellschaftlich Gehör zu verschaffen und auf öffentliche Debatten einzuwirken, besteht lediglich in Ansätzen. Der Kapitalismus als Wirtschaftssystem, der Siegeszug des Neoliberalismus in sämtlichen Lebensbereichen werden als alternativlos dargestellt und auch von denjenigen weitgehend als unveränderbar hingenommen, die eigentlich ein objektives Interesse an Veränderungen haben. Auch erste Schritte in die richtige Richtung, wie die Blockupy-Krisenproteste, sind in dieser Situation bislang nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Trotz der gegenwärtigen Schwäche der Linken erachten wir es für notwendig, den Kampftag der Arbeiterklasse zum Anlass zu nehmen, unermüdlich eine radikale Kritik am herrschenden Wirtschafts- und Gesellschaftssystem zu formulieren.

In Freiburg findet am 1. Mai traditionell die gewerkschaftliche Maidemonstration mit anschließender Kundgebung auf dem Stühlinger Kirchplatz statt. Unabhängig davon finden sich seit vielen Jahren allerlei feierlustige Leute aus der autonomen Linken, der alternativen Szene, aus der Anwohnerschaft, Studierende und darüber hinaus auf dem Straßenfest im Freiburger Stadtteil Grün zusammen. Konzerte von lokalen Punkrockbands, Volksküche, Salsa und Techno verwandeln ein halbes Stadtviertel zu einer herausragenden Party.

In den vergangenen Jahren haben wir oftmals zu Protesten gegen Naziaufmärsche mobilisiert. 2013 war jedoch frühzeitig klar, dass wir in Freiburg Akzente setzen können, da kein faschistischer Großaufmarsch in nächster Nähe anstehen würde. So entschlossen wir uns, gemeinsam mit Anderen zu einem antikapitalistischen Block auf der DGB-Demo. Daher will dieser Text zum einen unsere, bzw. die Arbeit des Bündnisses zum Antikapitalistischen Block auf der Demonstration des DGB reflektieren und in dem Zusammenhang natürlich auch auf das von uns im März vergangenen Jahres verfasste „Positionspapier zum Ersten Mai in Freiburg“ eingehen. Eine Auseinandersetzung mit dem Antwortpapier „Identitär vs. Reaktionär vs. ALFR“  der Gruppe Viel zu viel Arbeit wird an anderer Stelle erfolgen.

Antifaschistische Linke Freiburg, 06.03.2014

 

1. Das Vorspiel: Inhaltlicher Austausch?

Im Frühjahr 2013 trafen sich auf Einladung des Linksradikalen Bündnis Kontrollverlust Vertreter verschiedener Gruppen und Einzelpersonen in der KTS zur Vorbereitung eines „Revolutionären 1.Mai in Freiburg“. Wenn auch zurückhaltend, so folgten wir doch dieser Einladung, da diese explizit ergebnisoffen formuliert war und so die Möglichkeit bestand, über einen inhaltlichen Austausch zu einer gemeinsamen Praxis am 1. Mai zu gelangen. Zu diesem Zeitpunkt stand für uns bereits fest, dass wir am 1. Mai einen antikapitalistischen Block auf der DGB-Demo organisieren werden, was wir von Anfang an entsprechend kommunizierten. Nachdem das erste Treffen noch recht breit besucht war, lichteten sich die Reihen schnell. Einige Gruppen – beileibe nicht nur wir – äußerten ihre Kritik an einer möglichen „Szeneselbstdarstellungs-Demo“ recht früh und machten deutlich, dass es keine Option wäre, am 1. Mai derart zu agieren. Der gemeinsame Nenner des verbleibenden Bündnisses war inhaltlich hauptsächlich von einem diffusen Abgrenzungsbedürfnis zum DGB geprägt, was unter anderem an einzelnen Stimmen, welche die Störung der DGB-Kundgebung forderten, deutlich wurde.

Nach dem zweiten Vorbereitungstreffen erklärten wir, dass wir uns nicht weiter an diesen Treffen beteiligen würden. Wir kündigten an, dies inhaltlich zu begründen, und veröffentlichten daher ein Diskussionspapier auf unserer Homepage und verteilten es auf unserem letzten Bündnistreffen direkt an die beteiligten Gruppen. Unter einem Crosspost auf Indymedia Linksunten begann eine amüsante bis absurde „Diskussion“, die von umfangreicher Einflussnahme des Linksunten-Moderatorteams geprägt war.

Zur Einordnung unseres Positionspapiers: Wir beabsichtigten, innerhalb der „Szene“ eine inhaltliche Auseinandersetzung über die Art und Weise revolutionärer Praxis am 1. Mai in Freiburg in Gang zu bringen und in diesem Zusammenhang insbesondere den Fokus auf Perspektiven linker Politik zu richten. Dementsprechend hat es uns gefreut, dass die Gruppe Viel zu viel Arbeit auf unser Papier reagiert hat.

Die Unterstellung in der Antwort von Viel zu viel Arbeit, es ginge uns um eine Ehrenrettung des DGB, bleibt zwar eine Unterstellung, trifft jedoch auf seine Art den Kern des Dissens um unser Papier. Was uns an der geforderten „Fundamentalkritik am DGB“ stört, ist, dass sie unserer Auffassung nach eben nicht der Notwendigkeit zu entspringen scheint, eine sachliche, die revolutionäre Linke weiterbringende Kritik an den DGB-Gewerkschaften zu formulieren, sondern zuerst einem Bedürfnis, sich zum Zwecke der Selbstbeweihräucherung der vorgeblichen eigenen Radikalität zu vergewissern.

Wir wollen festhalten, dass die Antwort von Viel zu viel Arbeit zwar teilweise etwas besserwisserisch im Tonfall, aber dafür das einzige war, was an konstruktiven Debattenbeiträgen zu hören war. Trotzdem haben wir das Gefühl, uns an dieser Stelle gerade gegenüber den Angriffen, die uns nach der Veröffentlichung unseres Papiers aus der „Szene“ entgegenschlugen, rechtfertigen zu müssen.

Unserer Auffassung nach entspringt das Abgrenzungsbedürfnis der vermeintlichen Linksradikalen, allem gegenüber was nach Reformismus riecht, dem Fehlen einer tatsächlichen linksradikalen Organisierung. Um diesen Mangel zu beheben, wird in die „Szene“ eine gemeinsame Weltanschauung, gar eine Bewegung hineininterpretiert, die de facto gar nicht vorhanden ist. Der Versuch, sich mit einem vorgeblich besonders radikalen Auftreten und durch eine identitätsstiftende Demonstration der eigenen Stärke zu versichern, erscheint entsprechend widersprüchlich, wenn die Selbstbezogenheit nicht überwunden wird. Szeneidentität kann in unseren Augen kein Ersatz für politische Organisation sein. Sich mit einer revolutionären 1.Mai-Demo der eigenen Handlungsfähigkeit bewusst zu werden, verlangt zunächst das Eingeständnis, dass diese in der Freiburger Linken eher schwach ist. Daraus können Handlungen abgeleitet werden, um in die Gesellschaft zu wirken, beispielsweise indem relevante Themen aufgegriffen und links(radikal) besetzt werden. Ein Ansatz, den die Initiatoren erfolgreicher 1.Mai Demonstrationen in anderen Städten bereits begriffen haben.

Indem wir die „Szene“ als Konstruktion kritisieren, die in den alltäglichen gesellschaftlichen Kämpfen jedweder realer Handlungsfähigkeit entbehrt, wollen wir nicht diejenigen angreifen, die auch innerhalb der „Szene“ seit Jahren, teilweise Jahrzehnten Politik machen und sich dem Einsatz für eine andere, bessere Gesellschaftsordnung verpflichtet fühlen. Wir sehen es lediglich als notwendig an, immer wieder zu betonen, dass tatsächliche gesellschaftliche Veränderung nur durch massenhafte Organisierung entstehen kann. Eine kontinuierliche kollektive Praxis, gemeinsame politische Prinzipien und ein Mindestmaß an Klarheit bezüglich einer geteilten Gesellschaftsanalyse sind ebenso unerlässlich wie schwer zu erreichen. Deshalb ist es unser Anliegen, die Relevanz einer breit geführten Debatte über die Fragen inhaltlicher Basis, möglicher Organisierungsformen und Interventionsmöglichkeiten immer wieder ins Bewusstsein zu rufen.

Beispielsweise das bloße Festhalten an einem autonomen Ritual, wie etwa dem unangemeldeten Straßenfest im Grün – so unterstützenswert dieses auch ist – halten wir für nicht ausreichend. Zentrales Ziel einer (radikalen) Linken muss es sein, Bewegung zu schaffen. Und diese Bewegung schaffen wir ganz sicher nicht, wenn wir uns stets um uns selbst drehen. Deswegen richtet sich das Papier auch gegen die oben beschriebene gefühlte  Szenezusammengehörigkeit und das dort vorherrschende Politikverständnis, das sich aus der Ablehnung von allem, was als „bürgerlich“ gebrandmarkt wird, nährt. Weder wollen wir Menschen vorschreiben, wie sie zu leben haben, noch haben wir Interesse an szeneinternen Beschimpfungen – im Gegenteil sind wir uns darüber im Klaren, dass wir uns selbst zu gewichtigen Teilen innerhalb dieser „Szene“ bewegen. Was uns dabei aber wichtig bleibt, ist die „Szene“ und ihren Charakter zu benennen und zu analysieren. Erst das eröffnet uns die Möglichkeit, tatsächlich auszubrechen und aus ihr heraus zu agieren. Unsere Forderung, die sich daraus ableitet, ist zugegeben auch erstmal eine Phrase, die es mit unserer alltäglichen politischen Praxis zu füllen gilt: „In Klassen, nicht in Szenen zu denken!“.

Ein Rückzug in die lifestylebasierenden Szenennischen, so gemütlich diese in Freiburg auch sein mögen, kann darauf keine Antwort sein. Dennoch wollen wir auch in diese hineinwirken, ansprechbar sein und inhaltliche Debatten anstoßen. Wir denken, dass uns dies zumindest teilweise mit der gegenwärtigen Diskussion gelungen ist.

Dass wir uns bei der Auseinandersetzung mit den Inhalten der im Bündnis verbliebenen bzw. der es inhaltlich prägenden Gruppen nun derart an der FAU abgearbeitet haben, reflektieren wir zwar kritisch, da sie für den Kern der im Papier formulierten Kritik tatsächlich der falsche Adressat ist, hängt jedoch auch damit zusammen, dass die FAU im Gegensatz zu Anderen einen greifbaren Standpunkt bezieht. Um Missverständnissen vorzubeugen: Wir schätzen an der FAU, dass sie einen konsequent klassenkämpferischen Ansatz propagiert. Nichtsdestotrotz halten wir an der von uns formulierten Kritik inhaltlich fest. Die Auffassung der Anarchosyndikalisten, dass die revolutionäre Organisierung zwangsläufig über die Form der Gewerkschaft zu erfolgen habe, teilen wir in ihrer nicht. So brauchen wir unsere Positionierung zu einer Gewerkschaft auch nicht aus der Beantwortung der Frage ihres reformistischen oder revolutionären Charakters ableiten. Eine Haltung, die ihrerseits jedwedes taktisches Verhältnis und jede Strategie notwendigerweise verbietet.

 

2. Mobilisierung und Antikapitalistischer Block

Auf der Suche nach Alternativen zu einem Szenespektakel verständigte sich ein kleines Bündnis darauf, einen explizit antikapitalistischen Block auf der Gewerkschaftsdemo am 1. Mai durchzuführen. Der Aufruf dazu war auf der einen Seite darauf bedacht, eine scharfe Kritik am sozialpartnerschaftlich ausgerichteten Kurs der Gewerkschaftsführungen 344347zu formulieren, zugleich aber in die richtige Richtung weisende Forderungen innerhalb der Gewerkschaften aufzugreifen (contra Leiharbeit; pro politisches Streikrecht) und diese zu stärken, um schließlich darüber hinausgehende Forderungen zu formulieren und antikapitalistische Akzente zu setzen. Am Vorbereitungskreis beteiligten sich die ALFR, die Freiburger Ortsgruppen von DKP, SDAJ, Linksjugend [´solid] sowie das Freiburger Blockupy-Bündnis nebst zahlreichen Einzelpersonen. Wir müssen an dieser Stelle eingestehen, dass wir uns eine breitere Beteiligung erhofft hatten. Dennoch wurde der Block breit und kreativ beworben [1, 2, 3, 4, 5, 6]. Wie auch schon im Jahr 2012 haben wir uns im Vorfeld des 1. Mai auch an der überregionalen Kampagne „Gemeinsam Stark!“ beteiligt, die im vergangenen Jahr neben uns noch von der LIBA (Linke Initiative Bühl-Achern) getragen wurde. In diesem Zusammenhang veröffentlichten wir zusammen mit der LIBA eine Neuauflage der gleichnamigen Broschüre, die sich in ihrer Konzeption von anderen Heften durch das konkrete Aufgreifen lokaler Kämpfe abheben sollte, um eine radikale Kapitalismuskritik anschlussfähiger zu formulieren.

Am 1. Mai selbst beteiligten sich rund 100 Menschen am Antikapitalistischen Block. Das ist nicht übermäßig viel, dennoch bewerten wir das auf jeden Fall als Erfolg, zumal sich spontan zahlreiche Teilnehmer der Demo bewusst dem Block anschlossen. Viele Schilder und Transparente trugen explizit antikapitalistische Positionen nach außen. Generell wurde der Block in der gesamten Demonstration äußerst positiv aufgenommen, insbesondere bei gesondert in Blöcken laufenden Gruppierungen wie der Partei Die Linke 85388oder den Teilnehmern aus den türkischen und kurdischen Vereinen. Zudem bleibt festzustellen, dass eine Beteiligung aus der alternativen Szene in weiten Teilen ausblieb – die konfrontativen Diskussionen in Folge unseres Positionspapiers, die unsachliche Stimmungsmache seitens anonymer Internetkommentatoren gegen das Bündnis und die ALFR sowie der konkrete Aufruf der Initiatoren der libertären Demonstration, sich nicht am antikapitalistischen Block zu beteiligen, wirkten sich eventuell mobilisierungshemmend aus. Im Anschluss an die Demonstration war das Linke Zentrum Adelante nebst vielen anderen Organisationen und Initiativen aus dem bürgerlichen, linken und linksradikalen Spektrum mit einem eigenen Info-Stand auf dem 1. Mai-Fest des DGB vertreten.

 

3. Die libertäre Demo „Nieder mit der Arbeit“

Andere Teile des ursprünglichen Vorbereitungskreises entschieden sich, wohl auch motiviert durch unsere heftige Kritik an Freiburgs alternativer Szene und unsere Ankündigung, einen antikapitalistischen Block auf der Gewerkschaftsdemo aufzustellen, eine eigene explizit „anarchistische“ Demonstration durchzuführen. Jedoch wollte sich noch nicht einmal das gesamte organisierte anarchistische Spektrum Freiburgs dem Aufruf anschließen – so entscheid sich z.B. die rätekommunistisch-anarchistische Gruppe La Banda Vaga, nicht daran teilzunehmen.

Für die Demonstration wählten die Veranstalter das Motto „Nieder mit der Arbeit“. Der Schein von Radikalität, der dieser Parole innewohnt, sollte also ganz offen der Abgrenzung gegenüber dem vorgeblichen „Reformismus“ der Teilnehmer der Gewerkschaftsdemo dienen. Dabei unterschied sich der Aufruf in seiner Stoßrichtung kaum von dem zum Antikapitalistischen Block. Letztlich war man sich wohl uneinig, ob man sich den Gewerkschaften gegenüber feindlich oder nicht positionieren solle. Das Konzept schien jedoch relativ erfolgreich: Es gelang den Initiatoren der libertären Demo mit 400 Leuten einen recht großen Teil von Freiburgs alternativer Szene zu mobilisieren. Zugleich hat sich unsere Prophezeiung eines um sich selbst drehenden hedonistischen Szenespektakels bewahrheitet. Die libertäre Demonstration bot kaum einen Anknüpfungspunkt für Akteure außerhalb der „Szene“. Nicht zuletzt die Wahl des Mottos offenbart, dass auch keinerlei Interesse bestand, aus dieser Szenehaftigkeit auszubrechen.

 

4. Das Straßenfest im Grün

Das Straßenfest im Grün hat sich als Teil des 1. Mai in Freiburg schon seit langem fest etabliert und ist für viele Menschen, aus der Szene und darüber hinaus, nicht mehr wegzudenken. Das Fest selbst hat durch seinen selbstorganisierten Charakter vor allem stadtteilpolitische Relevanz. Dazu gehören auch die Aushandlungsprozesse wie sie im Rahmen des „Runden Tischs“ stattfanden. Dieser hatte sich aufgrund Streitigkeiten bezüglich des Charakter des Festes innerhalb des Viertels gegründet. Zum anderen gehört es dem Selbstverständnis nach auch in den Kontext des 1. Mai als Kampftag der Arbeiter. Auch wenn explizit politische Inhalte hier nicht im Vordergrund stehen bzw. mitunter kaum wahrnehmbar sind, ist das Fest als Form der selbstbestimmten Aneignung des öffentlichen Raumes ein wichtiger Teil des 1. Mai in Freiburg. Seit langem findet es ohne Anmeldung statt. Vor allem in den letzten beiden Jahren wurde es jedoch von Seiten der Stadtverwaltung und der Polizei, vor allem mit dem Mittel der Allgemeinverfügung, zunehmend beschränkt und gegängelt. Im vergangenen Jahr führte dies dazu, dass sich alle Menschen auf das Grether-Gelände zurückzogen und die Polizei alle Versuche, das Fest wie in den vergangenen Jahren auf die Straßen des Viertels auszuweiten, mit einem martialischen Aufgebot verhinderte. Wir waren in den letzten Jahren immer freudige Besucher des Fests, auch wenn wir uns an der konkreten Gestaltung nur wenig beteiligt haben. 2013 waren Aktive aus dem Linken Zentrum wie bereits zuvor beim DGB mit einem Infotisch anwesend. Für 2014 wünschen wir uns ein lautes und buntes Fest, in dem auch explizit politische Inhalte ihren Platz haben. Eine (Re)politisierung würden wir sehr begrüßen. Nicht zuletzt angesichts der Angriffe der Stadt scheint es notwendiger denn je, dass sich alle Teilnehmer dem besonderen Charakter und Wert dieses Festes bewusst sind und daraus gegebenenfalls die Konsequenzen in Form kreativer Konfliktbereitschaft ziehen. Die diesjährige Erklärung zum Fest im Grün stellt für unser Verständnis zumindest einen kleinen Schritt in die richtige Richtung dar.

5. Fazit

Im Nachhinein hat es sich als richtig herausgestellt, im vergangenen Jahr von Beginn an Abstand zu einer „revolutionär“ firmierenden 1. Mai-Demonstration genommen zu haben. Eine szenehafte, gesellschaftlich isolierte 1. Mai-Mobilisierung, die von einem anti-gewerkschaftlichen Konsens getragen ist und keinen tatsächlichen Bezug auf Interessen Marginalisierter oder Lohnabhängiger, geschweige denn auf eine Klasse nimmt, macht eine Beteiligung unsererseits unmöglich. Inhaltsleerer Verbalradikalismus ersetzt nun mal nicht beständige und kontinuierliche politische Arbeit. Mit revolutionärer Politik hat das nach unserem Verständnis nichts zu tun. Das Aufstellen eines antikapitalistischen Blocks auf der gewerkschaftlichen 1. Mai-Demo hat sich als richtig erwiesen, auch wenn unser Agieren hier sicherlich noch stark ausbaufähig ist. Insbesondere muss es uns gelingen, breitere Bündnisse unter antikapitalistischer Prämisse bilden zu können, da ein entsprechendes Potential in unserer Stadt durchaus vorhanden ist. Zu den positiven Aspekten zählen wir, dass es uns gelungen ist, Handlungsfähigkeit zu beweisen und dass sich auch nicht organisierte Einzelpersonen an den Vorbereitungen beteiligten. Darauf lässt sich hoffentlich auch dieses Jahr aufbauen. Wir freuen uns sehr, dass es uns gelungen ist, mit unserem – wenn auch provokantem – Positionspapier eine Debatte in Freiburg außerhalb der Kommentarspalten von Indymedia anzustoßen, die wir dieses Jahr weiterführen wollen. Ausdrücklich wollen wir uns an dieser Stelle bei der Gruppe Viel zu viel Arbeit für ihre Kritik an dem Papier und bei der Workers Center Initiative Freiburg für die darauffolgende Veranstaltung unter dem Titel „Szene – Klasse- Klassenkampf!?“ am 18. Juli 2013 im SUSI-Café bedanken.

Gleichzeitig ist     festzuhalten, dass auf den ersten Schritt auch ein zweiter folgen sollte. Das bedeutet, in Freiburg von einer Diskussion zu einer vernünftigen Praxis zu kommen, wie es zum 1. Mai in vielen anderen Städten möglich ist. In diesem Sinne möchten wir zum Schluss betonen, dass wir über den Antikapitalistischen Block hinaus ein gemeinsames Vorgehen aller revolutionären Kräfte auf einer gemeinsamen revolutionären Demonstration sehr begrüßen würden. Dieser Zeitpunkt ist unserer Ansicht nach erst dann gekommen, wenn die bereits skizzierten Bedingungen, nämlich eine vernünftige organisatorische Basis, eine in inhaltlichen Grundzügen geteilte Gesellschaftsanalyse und daraus abgeleitet ähnliche Vorstellungen einer gelungenen Intervention erfüllt sind.

344345  344346