Die Antikapitalistische Linke München hat einen Aufruf zur Demo anlässlich des NSU-Prozeß in München geschrieben. Wir unterstützen diesen und wollen ihn an dieser Stelle dokumentieren:

Nazis morden, der Staat lädt nach… – Demo zum NSU Prozess

ANTIFASCHISTISCHE DEMONSTRATION AM SAMSTAG 13 APRIL (MÜNCHEN, STACHUS).
ANLÄSSLICH DES NSU-PROZESSES AM SAMSTAG VOR PROZESSBEGINN IN MÜNCHEN – KEIN VERGEBEN, KEIN VERGESSEN!

Am 17 April beginnt in München der Prozess gegen Beate Zschäpe und vier weitere Neonazis wegen der Verbrechen der Nazi-Zelle NSU. Dreizehn Jahre konnte diese rassistische Mörderbande ungehindert durch Deutschland ziehen, zehn Menschen erschießen und weitere durch Bombenanschläge verletzen – aus Hass, weil die Opfer (bis auf eine Polizistin) nicht deutsch, sondern türkischer, kurdischer, griechischer Herkunft waren. Die beispiellose Mordserie war möglich, weil Teile von Polizei und Geheimdienst die Nazi-MörderInnen direkt unterstützten oder bewusst wegschauten! Mit einer Demonstration am Samstag vor Beginn des NSU-Prozesses wollen wir der Ermordeten gedenken und die Verantwortung des Staates für den Nazi-Terror aufzeigen. Wir rufen auf zum Aufbau wirksamer Gegenwehr gegen faschistische Gewalt und rassistische Angriffe – Mit allen Mitteln, die notwendig sind!

Dass der Staat die NSU-MörderInnen nicht stoppte, lag nicht einfach an „bedauerlichen Pannen“. Viele Führungskader der militanten Neonazi-Szene in den 1990er Jahren arbeiteten als V-Leute des Verfassungsschutzes, bekamen Geld und Schutz vor Strafverfolgung. Inzwischen steht fest: Auch mehrere Nazi-Unterstützer des NSU waren V-Leute. Mindestens einmal versorgte der Geheimdienst die Untergetauchten mit Geld, ein späterer Polizeispitzel lieferte Sprengstoff. Der Verfassungsschutz wusste von dem ungefähren Aufenthalt der Untergetauchten, ihrer Bewaffnung und das sie Anschläge planten – und schirmte sie ab vor Enttarnung und Verhaftung! Kein Wunder, dass die Verfassungsschutzämter massenhaft Aktenbeweise vernichteten, als heraus kam: hinter der Mordserie an Einwanderern steckten Nazi-Terroristen. Die Polizei leugnete bis dahin alle Hinweise auf einen rassistischen Hintergrund der Mordserie und ermittelte stattdessen nach rassistischer Logik wegen „Döner-Morden“. Die Opfer und ihre Familien wurden zu TäterInnen gemacht: Polizei und Medien versuchten ihnen jahrelang Mafia-Verbindungen anzudichten.

Für einen wehrhaften Antifaschismus

Rassismus tötet. Faschistische Ideologie führt zwangsläufig zu Mord und Terror. Seit 1990 starben in Deutschland mindestens 182 Menschen durch faschistische oder rassistische Gewalt. Wir müssen uns selbst dagegen zur Wehr setzen und Neonazistrukturen zerschlagen. Denn der Staat garantiert FaschistInnen, dass sie sich organisieren und ihre menschenverachtende Hetze verbreiten können. Deswegen wird die NPD mit Steuergeldern finanziert, bauen V-Leute des Staates Nazi-Kameradschaften auf und prügeln Polizeihundertschaften regelmäßig für Nazi-Demos den Weg frei.

Die Grenzen verlaufen nicht zwischen Völkern, sondern zwischen oben und unten

Der Staat selbst betreibt rassistische Politik. Die Gesellschaft der Bundesrepublik ist eine nach rassistischen Kriterien aufgebaute Klassengesellschaft. Ohne deutschen Pass gelten die meisten EinwandererInnen als Menschen zweiter Klasse, vor allem wenn sie aus der Türkei, Osteuropa, arabischen oder afrikanischen Ländern stammen. Jede Verlängerung von Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis ein Gnadenakt und der Hebel, um zu meist viel mieseren Löhnen und Arbeitsbedingungen ausgebeutet zu werden als Deutsche. EinwandererInnen haben weniger Chancen auf einen Job und ein doppelt so hohes Armutsrisiko wie Deutsche. Kinder ausländischer Herkunft werden im Bildungssystem weiter benachteiligt. Das Gesicht der am meisten ausgebeuteten und verarmten Teile der lohnabhängigen Bevölkerung in Deutschland ist migrantisch. Oder wer schuftet auf dem Bau, in der Putzkolonne oder bei McDreck hinter der Kasse? Unzählige Studien belegen diese Zustände immer wieder aufs Neue. Schon heute kostet die Abschottung Deutschlands und der EU unzählige Menschen das Leben. Anders als für zu Hungerlöhnen hergestellte Importe von seltenen Metallen, Computern oder Klamotten, ist der Zugang für Flüchtlinge nach Europa weitgehend versperrt. Mit dem Mittelmeer als mörderischem Todesstreifen, in dem jährlich Hunderte, die Zuflucht suchen, ertrinken.

Sarrazin die Theorie, NSU die Praxis

Rassistische Vorurteile und Lügenhetze gegen EinwandererInnen verbreiten sich immer weiter in der Gesellschaft. So wurde Ex-Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin (SPD) zum Millionär mit seinem Buch, in dem er MigrantInnen aus muslimischen Ländern als genetisch bedingt dumm, faul und kriminell beschimpft. Wissenschaftlich widerlegt, trotzdem ein Bestseller. Sarrazin ist die menschenverachtende Theorie, NSU die mörderische Praxis!

Wem nützt das?

Wem nützt das? Das kapitalistische System befindet sich in einer seiner schwersten Krisen. Und es geht darum, wer die Kosten der Krise bezahlt. Die Antwort der Bundesregierung ist klar: Rettungspakete für die Profite der kapitalbesitzenden Klasse – damit Staatsverschuldung und Sparpakete auf Kosten der lohnabhängigen Klasse. Die reichsten zehn Prozent der Deutschen verfügen über mehr als die Hälfte des Gesamtvermögens. Um den Banken und Investoren ihre Gewinne zu garantieren, gibt es die milliardenschweren Rettungsschirme. Die können nur finanziert werden durch brutale Sparprogramme, Kürzungen bei Löhnen, Renten und Sozialleistungen. Diese gezielte Verarmungspolitik gegen die lohnabhängige Klasse wird für die Herrschenden umso leichter, je mehr Menschen die Schuld für ihre Lage auf Sündenböcke wie „Ausländer“, „Moslems“, „Asylbewerber“ abwälzen. Stattdessen gilt es gemeinsam Widerstand zu leisten – für den Sturz des kapitalistischen Ausbeutungssystems!

Setzen wir unsere internationale Solidarität gegen Ausbeutung und Unterdrückung +++ Nazi-Banden und ihre staatlichen Unterstützer aufdecken und angreifen +++ Antifaschismus muss austeilen können +++ Für den Aufbau der antifaschistischen Selbstverteidigung

KEIN VERGEBEN! KEIN VERGESSEN!

 

Staatliche Repression gegen AntifaschistInnen

AntifaschistInnen, die sich Neonazis entgegen stellen, überzieht der Staat regelmäßig mit Verfolgung. In Dresden blockierten tausende Menschen 2010 und 2011 erfolgreich bundesweite Neonazi-Aufmärsche. Danach wurden AntifaschistInnen als „kriminelle Vereinigung“ verfolgt, die Polizei durchsuchte dutzende Wohnungen und spionierte 200.000 Telefone aus. Der 19jährige Deniz K. sitzt für zweieinhalb Jahre im Knast, weil er sich gegen Polizeiangriffe auf eine antifaschistische Demo in Nürnberg wehrte. Und in München laufen derzeit Prozesse gegen Leute, denen die Polizei vorwirft, eine Nazi-Demo am 21. Januar 2012 auf der Sonnenstraße blockiert zu haben. Auch das ist staatliche Unterstützung für faschistische Organisationen