VERGESELLSCHAFTEN! Wohnraum, Krankenhaus, Betriebe, Städte – alles.

Am 26. Mai werden zeitgleich die Kommunalwahl in Baden-Württemberg und die Europawahl stattfinden. In beiden Fällen droht eine weitere Verschiebung nach rechts: Bei der Wahl des europäischen Parlaments dürften nationalistische Kräfte so viele Stimmen gewinnen wie nie zuvor. Und auch in Baden-Württemberg wird die AfD aller Voraussicht nach in viele Gemeinderäte einziehen können – auch in Freiburg. Die Strategie der Faschist_innen1 geht dabei bislang auf. Die Verwalter_innen des Neoliberalismus – Merkel, Macron und Co. – reagieren auf den Druck von rechts mit dem Ausbau der Festung Europa nach außen und nach innen mit der Aufrüstung von Polizei und Geheimdiensten und der Verfolgung politischer Gegner_innen. Je rauer der Kampf um ein Stück vom schrumpfenden Kuchen in der Weltmarktkonkurrenz wird, desto mehr zeigt der Kapitalismus sein repressives, nationalistisches und rassistisches Gesicht. Doch die zunehmenden Risse in der herrschenden Ordnung bieten gleichzeitig eine Chance. Zunehmend wird wieder die Frage nach Verteilung und Verwaltung des Reichtums gestellt. Statt die Erbarmungslosigkeit der Konkurrenz jedoch nur besser verwalten zu wollen, muss es uns als Linke darum gehen, die Konkurrenz selbst abzuschaffen. Damit ist die Frage verknüpft, wie Arbeit, Wohnen, Gesundheitsversorgung – letztlich die gesamte Gesellschaft – ohne Kapitalismus organisiert werden kann.

Erste Antworten auf diese Frage verdichten sich momentan vor allem an der Wohnfrage: So versetzt in Berlin das Volksbegehren „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ die Kapitalist_innen schon jetzt in Alarmstimmung. Wirtschaftsverbände warnen vor einer sozialistischen Stadt und die Ratingagentur Moody‘s drohte mit der Abstufung der Kreditwürdigkeit Berlins. Auch in Freiburg wurde in den letzten Monaten mit der Besetzung von Häusern wiederholt die Eigentumsfrage gestellt und im Zuge des Bürger_innenentscheids zur Bebauung Dietenbach fand eine breite Diskussion um bezahlbaren Wohnraum statt. Immer mehr Menschen erkennen, dass die kapitalistische Profitlogik in unserer Stadt gravierende Folgen hat: Bezahlbarer Wohnraum ist heute überall Mangelware. In Freiburg allein fehlen für 72% der ärmeren Bevölkerung bezahlbare Wohnungen. Gleichzeitig erwirtschafteten Immobilienunternehmen wie Vonovia SE im vergangenen Jahr 1 Mrd. Euro. Wir aber wollen eine Stadt jenseits von Verdrängung und rassistischer Diskriminierung, in der ein gutes Leben für alle möglich ist. Um das zu erreichen, organisieren wir uns z.B. gemeinsam mit anderen Stadtaktiven und Mieter_innen im Freiburger Mietenbündnis und kämpfen für eine Vergesellschaftung von Wohnraum.

Vergesellschaftung ist dabei Ziel und Prozess: die gemeinsame Aneignung von Gütern und Infrastrukturen, die im Kapitalismus in privaten Händen liegen und unter dem Diktat der Profitlogik stehen. Dabei geht es nicht (nur) darum, sie in staatliche Verwaltung zu überführen (das wäre Verstaatlichung), sondern sie wirklich unter die Kontrolle der gesamten Gesellschaft zu stellen. In einer solidarischen, an den Interessen der Menschen ausgerichteten Welt entscheiden z.B. die Bewohner_innen eines Gebietes über den Ausbau des ÖPNV oder die Erzeugung von Strom und nicht ein gewinnorientiertes Unternehmen. Vergesellschaftung ist das Ziel, das die einzelnen Kämpfe miteinander verbindet. Auch der antifaschistische Kampf gegen AfD und andere Rechte lässt sich vor dem Hintergrund Vergesellschaftung betrachten: Die rechten Akteur_innen, die weltweit an Einfluss gewinnen, stehen in direkter Feindschaft zu sämtlichen solidarischen Gesellschaftsentwürfen. Ihr Programm heißt nicht Vergesellschaftung und Selbstbestimmung, sondern Privatisierung und autoritärer Staat. Sie wollen keine öffentlichen Güter, die allen gehören und über die alle bestimmen, sondern die Unterwerfung unter die Logik von Privateigentum und Profit.

Überall auf der Welt gibt es weitere Orte und Projekte, in denen im Kleinen etwas kollektiv organisiert und zumindest teilweise der kapitalistischen Verwertungslogik entrissen wird. Diese Projekte geben uns einen Ausblick auf das Leben in einer nicht-kapitalistischen Gesellschaft. Doch wir dürfen nicht dabei bleiben, alternatives Leben nur in Nischen zu führen. Wir brauchen einen Prozess, der eine Alternative zum Kapitalismus auch in breiten gesellschaftlichen Bereichen erlebbar macht. Solche Veränderungen setzen sich allerdings nicht einfach so in der kapitalistischen Konkurrenz durch. Deshalb müssen wir für den politischen Druck sorgen, der zur Vergesellschaftung auf gesamtgesellschaftlicher Ebene gebraucht wird.

Wir laden euch deshalb alle ein, am 1. Mai mit uns im antikapitalistischen Block auf der Gewerkschaftsdemonstration für eine Welt zu demonstrieren, in der alles allen gehört!

1.Mai | 10.30 Uhr | Stühlinger Kirchplatz

1 Was bedeutet der Unterstrich_? Mit dem Unterstrich wollen wir in unseren Texten auch all den Menschen Raum geben, die sich nicht den Kategorien Mann oder Frau zuordnen. Damit meinen wir explizit Personen, die sich als Transgender, Transsexuell, Intersexuell oder Queer verstehen.